SNCB 5531 und CFL 1802
Im Laufe dieses Jahres habe ich meinen Modell-Fuhrpark um zwei Diesel-Loks erweitert, welche recht nahe verwandt sind und deren Vorbilder ich beide während meiner Zeit als Lokführer bedient habe. Die beiden Modelle, die SNCB 5531 sowie die CFL 1802, stammen von B-Models, und passen in dieser Form eigentlich nicht in den Zeitrahmen meiner Modellbahn, (um 1975) – doch mehr dazu im Laufe des Beitrags.
Wenn der Leser jetzt einen Testbericht dieser Modell-Loks erwartet, so muss ich Ihn enttäuschen. Da zum jetzigen Zeitpunkt auf meiner Anlage noch kein richtiger Fahrbetrieb möglich ist kann ich eigentlich nichts zu den Laufeigenschaften der Loks sagen. Vielmehr beschäftigt sich der Artikel mit der Geschichte der Vorbilder – eigenen Erfahrungen mit Denselben als auch einige Bemerkungen zu beiden Modellen werden hier zu lesen sein.
Die Vorbilder
Die insgesamt 42 belgischen diesel- elektrischen Loks der Typenreihe 205 wurden in den Jahren 1961 bis 1962 durch „La Brugeoise et Nivelles“ gebaut, und mit einem EMD-Motor (konstruiert durch General-Motors) ausgestattet. Dieser Diesel-Motor welcher auch in der CFL-Serie 1800 seinen Dienst verrichtet, entwickelt eine Nennleistung von 1435 KW was in etwa 1950 PS ausmacht. Davon stehen rund 1800 PS am Ausgang des Generators zur Verfügung, welcher den Strom für die 6 elektrischen Bahnmotoren (einer pro Achse) produziert.
Die 20 CFL Loks wurden von 1963 bis 1964 ausgeliefert.
Nachdem die belgischen Staatsbahnen im Jahr 1971 ihr neues Nummernschema einführten, wurden die 41 verbleibenden Loks als Serie 55 um-gezeichnet. (Lok 205 016 wurde schon im Oktober 1969 nach einem Unfall ausgemustert und hat folglich nie als 5516 existiert.
Ab Werk waren alle 42 SNCB-Loks mit Dampfheizung ausgerüstet.
Dem gegenüber wurden nur 10 der CFL-Loks (1801-1804 sowie 1815-1820) mit Heizung versehen. Die hierfür benötigten Dampfheizanlagen waren schon vorher in Loks der Serien 850/900 (855-858 sowie 901-906 ) im Einsatz, und wurden ab Werk in die 1800er eingebaut.
In den Loks welche ohne Heizung verblieben war an gleicher Stelle im Motorraum, zwecks Gewichtsausgleich, eine Plattform aus verschweißter Schienen zu finden. Trotzdem hatten die Loks ohne Heizung ein Dienstgewicht von „nur“ 110 Tonnen gegenüber den 114 Tonnen der Loks mit Heizung. Außer der Heizung an sich, mussten die letztgenannten Loks zusätzlich etwa 3.000 bis 4.000 Liter Wasser mitführen welches zur Dampferzeugung unentbehrlich war. (Die belgischen Loks hatten laut Beschreibung ein Wasser-Reservoir von 3.000 Litern, während in einer „Note de Service“ vom 23.11.1987 von 4.000 Litern für die CFL-Loks die Rede ist)
In den 80er Jahren überlegte man sich bei der belgische Bahn, wie man das moderne Wagenmaterial, welches ausschließlich mit elektrischer Heizung und Klimaanlage ausgestattet war, mit der notwendigen 3000 Volt Spannung versorgen könnte. Die bisherigen „Fourgon Générateur“, welche aus Gepäckwagen aus den Jahren um 1935 entstanden waren, verlangten zusätzlichen Aufwand beim rangieren und waren in die Jahre gekommen. Dies führte zu Versuchen mit einem zusätzlichen Generator in der Lok welcher mechanisch an den Hauptgenerator gekoppelt war.
Zuerst wurden die Lokomotiven 5001, sowie 5540 und 5542 testweise mit zusätzlichen Hochspannungs-Generatoren ausgerüstet um einen Einsatz vor Personenzügen zu ermöglichen welche eine elektrische Einspeisung verlangten. Um die Loks mit elektrischer Heizung optisch von den anderen Loks derselben Serie zu unterscheiden, erhielte sie anfangs einen umlaufenden blauen Streifen, etwas später die blau/gelbe Lackierung.
Nach einer etwa dreijährigen Testphase zwischen 1976 und 1979 wurden weitere Lokomotiven ausgerüstet und die Versuche wurden auch auf andere Lok-Serien ausgeweitet. (6005; 6215;)
So waren vorerst sieben Loks mit der Serie 55 mit elektrischen Zugheizung ausgestattet, welche da waren, die 5505; 5510; 5515; 5523; 5529; 5540 sowie 5542.
– Im Jahr 1992 erhielt Lok 5531 einen zusätzlichen Generator. Dieser stammt von der vier-achsigen Lok 6215, dessen Motor (1425 PS) der zusätzlichen Anforderung nicht so recht gewachsen war.
– Nachdem 1996 bei der Lok 5542 starke Vibrationen auftraten, deren Ursache nicht beseitigt werden konnte, wurde diese Lok außer Dienst gestellt und Lok 5519 erhielt die hierdurch frei gewordenen elektrische Ausrüstung.
Wie aus der oben-stehender Auflistung hervorgeht, erhielt die 5531 (also mein Modell) erst im Jahr 1992 die elektrische Zugheizung und somit die dazugehörige blau/gelbe Lackierung.
Wenn ich im Zusammenhang mit der elektrischen Stromversorgung immer von Zugheizung schreibe, so ist dies eigentlich der falsche Begriff. Da bei modernem Roll-Material durch diese Versorgungsleitung ja nicht nur die Heizung sondern auch die Klimaanlage, das Laden der Batterien, die Beleuchtung, die Türsteuerung usw. mit der nötigen Spannung versorgt wird muss man korrekterweise von der „Zugsammelschiene“ reden. Diese Bezeichnung ist jedoch (zu meiner aktiven Zeit) nicht im Eisenbahner-Jargon angekommen und es war immer nur von Heizung die Rede.
Eigene Erfahrungen
Die belgischen und die luxemburgischen Loks sind sich, von außen betrachtet, relativ ähnlich obwohl es doch mehrere ganz entscheidende Unterschiede gibt. So kam es dass für jede der Serien, eine eigene Ausbildung mit abschließender Qualifikationsprüfung nötig war um die jeweilige Lok-Reihe bedienen zu dürfen.
Im Prinzip fuhren die luxemburgischen Lokführer nur SNCB-Loks mit elektrischer Zugheizung. Bei Pannen oder Lok-Mangel kam aber es aber immer wieder vor dass luxemburgische Maschinisten auf Loks der Reihe 55 ohne Zugheizung unterwegs waren, welches auch durch ihre Qualifikationsprüfung abgedeckt war.
Für den Lokführer war der markanteste Unterschied dass sich der Führerstand bei den belgischen Loks auf der linken Fahrzeugseite in Fahrtrichtung befand, während die Luxemburgischen Loks von der rechten Seite aus bedient wurden. Dies ist darauf zurück zu führen ist, dass in Belgien auf zweigleisigen Strecken links gefahren wird, während in Luxemburg Rechtsverkehr herrscht. Zusätzlich war der Führerstand spiegelverkehrt aufgebaut, was heißt dass auf den Luxemburgischen Loks mit der rechten Hand gebremst wurde, während auf den belgischen Loks das Zug-Bremsventil sowie die Zusatzbremse mit der linken Hand bedient wurden. Dies war anfangs doch recht gewöhnungsbedürftig.
Weiterer bedeutende Unterschiede waren natürlich die Heizung, die elektrische Schaltung der Fahrmotoren sowie die Fahrmotoren selbst. Auch ließen Sauberkeit und Unterhalt der belgischen Loks besonders in den ersten Jahren stark zu wünschen übrig.
Dessen war man sich auch bei der SNCB bewusst. Durfte eine CFL-Lok selbst nach mehreren Tagen Stillstand ohne weiteres neu angelassen werden, so musste auf den SNCB-Loks, sobald der Diesel länger als 2 Stunden stand, der Motor von Hand um 540 Grad durchgedreht werden, um eventuelle Ansammlungen von Kühlwasser, Öl oder Treibstoff in den Zylindern zu entfernen. Zuerst musste, aus Sicherheitsgründen die 400 Ampere Hauptsicherung entfernt werden. Anschließend wurden die Entwässerungsventile an jedem der 16 Zylinder mit einem Spezialschlüssel 3-4 Umdrehungen geöffnet. Dann wurde mit einem langen Hebel (eine Art Wagenheber) welcher in das Schwungrad des Dieselmotors griff, der Motor mit einer Pumpbewegung um jeweils 7,5 Grad gedreht, und so hatte man nach 72 mal pumpen, die erforderlichen 540 Grad erreicht. Bei dieser Arbeit war auf Austreten von Flüssigkeit zu achten und gegebenenfalls zu melden.
Der Hebel mit dem der Motor in Bewegung gesetzt wurde wog meiner Erinnerung nach um die 10 Kg und war etwa 1 Meter lang. Jeder Einzelne der 16 Kolben hat einen Hubraum von 9,28 Liter. So war dieses Vorgehen, besonders wenn die Lok im Sommer in der Sonne stationiert war, eine sehr zeitraubende, schweißtreibende und deswegen auch unbeliebte Arbeit.
Zu den 55er SNCB-Loks bleibt zu erwähnen dass, sobald die elektrische Heizung eingeschaltet wurde, der Dieselmotor vom Leerlauf (275 Umdrehungen/Minute) auf Fahrstufe drei (von acht möglichen) hoch-lief um die benötigte Geschwindigkeit von 435 Umdrehungen/Minute des Generators zu erreichen. Dies führte im Stand zu zusätzlicher Lärmentwicklung. So kam es immer wieder zu Reklamationen wenn man längere Zeit vor einem Stellwerk oder dem Direktionsgebäude mit eingeschalteter Heizung stand – dass der Lokführer den Lärm seine ganze Schicht über ertragen musste interessierte freilich niemanden.
Die Leistung der elektrische Heizung konnte bis zu 320 KW (etwa 435 PS) betragen womit dann rund ein Viertel der Motorleistung nicht mehr für die Traktion zur Verfügung stand.
Bemerkte man während der Fahrt mit kurzen (4-5 Wagen-) Zügen die eingeschaltete Heizung kaum, so sah dies bei langen Zügen schon ganz anders aus.
Allzu-gut kann ich mich an das damalige Schnellzugpaar 296/297 Amsterdam nach Mailand erinnern welches während des Sommerfahrplans mit mehr als 12 Wagen gefahren wurde und dabei die Loks an die Grenzen ihrer Leistung brachte. So fiel bei diesem internationalen Schnellzug zwischen Vielsalm und Gouvy (Steigung größer als 12 ‰) die Geschwindigkeit des öfteren unter die 30 km/h Marke, was einen manchmal dazu verführte die Zugsammelschiene kurzzeitig auszuschalten um doch etwas mehr Leistung auf den Bahnmotoren zur Verfügung zu haben.
Die luxemburgischen 1800er waren normalerweise nur auf der Nordstrecke im Personenbetrieb mit CFL-Wegmann-Wagen oder belgischen M1 und M2-Wagen unterwegs. Deren Wärmetauscher konnten sowohl elektrisch als auch mit Dampf beheizt werden, womit das Fehlen der elektrischen Zugheizung, außer bei Autoreisezügen, keinerlei Einschränkung bedeutete.
Der Verbleib der beiden Loks im Jahr 2024
Meine persönliche Meinung zu den Modellen:
Da ich in meiner Sammlung schon die 1801, 1804, 1816 sowie die 5504 und die 5531 von Märklin – jeweils als Hamo-Umbau – habe stellt sich die Frage warum erneut 1800er oder 55er kaufen. Nun all diese Loks habe ich zu einer Zeit angeschafft, als ich eigentlich nur für die Vitrine sammelte. Da ich jedoch immer eine Gleichstromanlage im Hinterkopf hatte dachte ich mir dass ich mit einem Hamo-Umbau auf Zweileiter-Gleichstrom später auf der sicheren Seite wäre.
Nun ist es aber so, dass die damaligen Märklin-Räder der Loks einen viel zu hohen Spurkranz aufweisen, um auf meinem jetzt verbauten, recht filigranen, Tillig-Elite-Gleis fahren zu können. So müssten zuerst sämtliche Räder dieser Loks abgedreht werden. Da ich ja außerdem digital fahre, müssten sämtliche Maschinen mit Decoder-Schnittstelle, Sounddecoder und Lautsprecher versehen werden. Ob ich diese Arbeiten einmal machen lasse, sie selbst mache, oder aber die Loks als Vitrinen-Modelle behalte habe ich noch nicht entschieden.
Die Loks von B-Models kommen von Haus aus mit passenden Spurkränzen sowie digitalem Sounddecoder von ESU.
Außerdem weisen diese Loks einen viel höheren Detaillierungsgrad auf als die Märklin Loks, welche doch für die Zeit ihres Erscheinens (um 1993) in meinen Augen schon sehr schöne Modelle waren.
Das Mehr an Details und filigranen Anbauteilen ist jedoch ein zweischneidiges Schwert. Natürlich sieht auf den ersten Blick alles besser aus, aber ehrlich gesagt habe ich nichts von echten Federpuffern und Kabinentüren welche sich öffnen lassen. Dies insbesondere wenn hierdurch Türen nicht mehr 100% gerade sind, die Pufferteller sich nicht in der Waagerechten befinden, und Geländer so filigran sind dass sie teilweise schon beim Auspacken der Loks nicht mehr gerade sind und man gut überlegen muss wie und wo man die Lok anfassen darf. Auch die angesetzten Scheibenwischer sehen gut aus, da sie nur gesteckt sind, lässt sich sogar ihre Position ändern, doch hierdurch sind sie auch prädestiniert sich im späteren Betrieb abzulösen. Im Päckchen mit Zubehörteilen ist zwar ausreichend Ersatz vorhanden, aber was nutzt das wenn so ein Wischer sich im Schattenbahnhof unter einer Weiche verklemmt hat?
Die Märklin-Loks könnte man auch einem einigermaßen geschicktem Kind in die Hände geben, während ich mir dies bei den B-Models nicht trauen würde.
Den Trend das Rollmaterial immer feiner zu gestalten findet man jedoch mittlerweile bei vielen Herstellern. Als reine Vitrinen-Modelle sind sie zwar schön anzusehen, aber für Ihre eigentliche Aufgabe im rauen Anlagenbetrieb sind sie immer weniger geeignet.
Ein zusätzliches Wort zur CFL 1802 auf meiner, im Bau befindlichen, Anlage:
Die Ende 1963 gebaute Lok, bei welcher es sich um ein GAR-Sondermodell handelt trägt seit ihrer späten Taufe am 1. Juli 1979 das Wappen der Stadt Blankenberge. Deshalb dürfte sie mit diesem Abzeichen eigentlich nicht schon 1975 auf meiner Anlage unterwegs gewesen sein – aber schließlich will ich mich doch nicht als Nieten-Zähler abstempeln lassen … 😉
Quellenangabe:
Einen Großteil dieses Beitrags habe ich aus eigener Erinnerung geschrieben. Als Gedankenstütze habe ich, was die belgischen 55er betrifft meine Ausbildungs-Dokumente aus dem Jahr 1988 zu Rate gezogen 😉
Was die Daten zu den belgischen Loks (Serie 52, Serie 60 (Prototyp), betrifft stammen die Infos von https://ferrovia.be/ sowie von Wikipedia. Soweit als möglich habe ich jeweils versucht eine weitere Quelle zur Bestätigung zu finden.
Die Daten betreffend die luxemburgischen 1800er entstammen zum größten Teil dem Band 3 von „Eisenbahnen in Luxemburg“ von Ed. Federmeyer aus dem Wolfgang Herdam Fotoverlag.
Unter folgendem Download-Link kann sich der Leser ein PDF-Dokument herunterladen welches anlässlich einer Rollmaterial-Ausstellung in Luxemburg um 1976 bei der betreffenden Lok zur Mitnahme bereit lag.
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